Co-kreative Gemeinschaften brauchen Empathie

Beitrag von Guénola Langenberg

Intrapreneurship Coach & Gründerin, Impulsgeberin der LCC, liebt Innovation durch Co-Kreativität.
Lesedauer 5 Minuten

Was macht eine Gemeinschaft erfolgreich in der Bewältigung von komplexen Problemen? Warum brauchen Gemeinschaften Empathie, um co-kreativ zu sein? Was ist Empathie? Und bedeutet Empathie, dass ich meine Interessen unterordnen muss?

“Think male!”

  • “Wenn Du Karriere machen möchtest: Think male!“.
  • „Fokussieren Sie sich zu 100% auf Ihr Ziel!“
  • „70% sind ausreichend. Liefern Sie 110% nur, wenn es notwendig ist.“

Solche oder ähnliche Sätze habe ich in den letzten Jahren einige Male gehört. Karriere machen bedeutete, gnadenlos zielorientiert und maximal effizient sein.

Dieses Mindset hat uns durchaus eine erfolgreiche Welt ermöglicht. Wir erleben:

  • Qualität dank Standardisierung,
  • Objektivierung und Risikobeherrschung dank Key Performance Indicators.

Und wir leben in einem nie da gewesenen Wohlstand (1).

In dieser Welt ist der Mensch erfolgreich, der im Wettbewerb seine eigene Position behaupten kann. So auch Unternehmen.

Was aber, wenn eine Gemeinschaft erfolgreich sein soll?

Kann ein Projektteam erfolgreich sein, wenn sich die Position eines einzigen Mitgliedes durchsetzt? Schaffe ich damit die beste Lösung für die Gemeinschaft? Ist ein Unternehmen automatisch erfolgreich, wenn alle ihre Ziele erreicht haben und die Boni ausgeschüttet werden?

Co-kreative Gemeinschaften

Für Adam Smith ist das so: wer seinen Erfolg maximiert, trägt zur Maximierung des Erfolges der Gemeinschaft bei. Mir persönlich reicht dieser Gedanke nicht aus. Meine Lebenserfahrung und insbesondere meine Erfahrungen als Projektleiterin haben mich anderes gelehrt:

  1. Meinen persönlichen Erfolg zu maximieren, bedeutet oft genug, dass andere dadurch weniger erfolgreich sein können. Deswegen hat Keynes auch Handelsüberschüsse kritisiert.
  2. Die Magie liegt im „+“. 1+1 können eben mehr als 2 sein, wenn die Einsen nicht nebeneinander und für sich allein erfolgreich sind, sondern miteinander. In Projektbesprechungen habe ich einige Male erleben dürfen, wie Teammitglieder in das Gespräch reinkamen, mit ihren Gedanken, Bewertungen, Vorstellungen und Lösungsvorschlägen. Am Ende entstand eine gemeinsame Lösung, an die vorher niemand gedacht hatte, die alle zufriedengestellt hat, und die sich viel besser angefühlt hat als die eigene Lösung, die man durchsetzen wollte. Die Teammitglieder waren co-kreativ.

Gerade bei komplexen Problemen ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass die Lösung, die sich eine Person ausgedacht hat, genau die maximal richtige ist. Solche Lösungen sind vielleicht für einen Parameter maximal, nicht für jeden und erst recht nicht für alle gleichzeitig. Konzepte, wie Simultaneous Engineering und Design Thinking, basieren genau darauf: Bringe unterschiedliche Perspektiven zusammen und schaffe daraus eine Lösung. Diese Lösung ist dann die beste für die Gemeinschaft.

Nur wie schaffe ich eine co-kreative Gemeinschaft? Ein grundlegender Baustein ist unsere Fähigkeit zur Empathie.

„Empathie? Das muss ich noch lernen.“

Unser Gehirn ist gemacht für Empathie. Denn Empathie ist für uns lebensnotwendig.

Wenn wir uns die Tierwelt anschauen, müssen wir zugeben, dass wir Menschen nicht wirklich mit Super Power ausgestattet sind, um uns zu verteidigen. Einige Tiere sind besonders stark, andere haben einen Panzer, der sie schützt, oder Waffen, wie Gift, weitere sehen ziemlich furchterregend aus oder können sich prima verstecken.

Doch wir besitzen ein besonderes Organ: unser Gehirn. Neben der Fähigkeit zu planen und sich ständig neu zu definieren (Neuroplastizität), hat unser Gehirn die Fähigkeit empathisch zu sein.

Wir Menschen sind in der Lage zu verstehen, dass und was andere denken. Wir können antizipieren und Absichten begreifen (Theory of Mind). Wir können verstehen, dass und was andere fühlen (affektive Theory of Mind/kognitive Empathie). Und wir können die Gefühle anderer sogar teilen, also mitfühlen (affektive Empathie) (2).

Diese Fähigkeiten sind überlebensnotwendig. Stellen wir uns vor, ich flaniere als Urmensch in der Savanne. Plötzlich sehe ich, wie ein Säbelzahntiger mir entgegenrennt. Nun steht auf seinem Weg zu mir ein Busch, so dass er nach ein paar Metern dahinter verschwindet. Es wäre jetzt doch sehr ungünstig, wenn mein Gehirn sich sagen würde: „Ach gucke mal: Säbelzahntiger, weg!“. Und ich nonchalant weiterflanieren würde. Glücklicherweise versteht mein Gehirn die Absicht des Tigers, mich zu fressen, und, dass die Gefahr noch besteht (3).

Diese Fähigkeiten finden weitestgehend unbewusst statt. Der Neurowissenschaftler Christian Keysers hat in seinem Buch „The Empathic Brain“ auf unterhaltsame Weise beschrieben, wie spezielle Neuronen (Spiegelneuronen) uns mit dem anderen verbinden: wenn ich zum Beispiel meiner Kollegin beim Kaffeetrinken zusehe, führt mein Gehirn dieselbe Bewegung gedanklich, im prämotorischen Kortex, durch.

Die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, ist also angeboren und fest im Gehirn verankert (4).

“Our brain is set-up to resonate with the people around us.” Christian Keysers (5)

Doch warum ist diese Fähigkeit so wichtig für co-kreative Gemeinschaften?

Mit Empathie co-kreative Gemeinschaften schaffen

Wie würde ein Simultaneous Engineering oder Design Thinking Workshop wohl laufen, mit Teilnehmenden, die nicht bereit sind, sich auf die Bedarfe der anderen einzulassen, und nicht in der Lage sind, sie zu verstehen?

Wenn ich mich in die Gedanken und Gefühle anderer hineinversetze, passiert Folgendes:

  1. Ich erkenne an, dass es andere Perspektiven und Sichtweisen als meine gibt.
  2. Ich fokussiere mich auf den anderen, um ihn wahrzunehmen. Ich lenke mich von meiner Perspektive ab und wende mich dem anderen zu.
  3. Ich verstehe die andere Perspektive; Ich begreife die Gedanken und Gefühle des anderen; Ich erschließe mir seine Welt. Was nicht bedeutet, dass ich mit seiner Perspektive auch einverstanden bin.

Dank Theory of Mind und Empathie baue ich also Verbindung zum anderen auf, sowie Verständnis für den anderen. Dies ist die Basis für Kooperation, damit Co-Creation stattfinden kann.

“Millions of years of evolution have come up with this exquisite system that enables us to take the great evolutionary leap of doing together what we could have never done alone.” Christian Keysers (6)

Von “Think male!” zu “Female Leadership”

Think male! ist geprägt von Zielorientierung und Effizienz. Diese Zielorientierung bezieht sich besonders auf die eigenen Ziele, was eine einseitige Sicht auf Probleme darstellt und durch Standardisierung (Effizienz) verstärkt wird.

Dies ist für die Bewältigung von komplexen Problemen ungünstig. Denn Probleme sind vor allem deshalb komplex, weil sie mehrere Elemente (Variablen) betreffen. Bemühe ich mich also darum, meine eigenen Ziele und Lösungen durchzusetzen, schaffe ich die Klärung nur eines Teils des Problems.

Möchte ich Probleme in ihrer Komplexität klären, brauche ich eine Auseinandersetzung mit allen Beteiligten und ihren Zielen, Interessen und Perspektiven. Dadurch kann die beste Lösung für die Gemeinschaft entstehen.

Dies bedeutet für mich nicht, dass ich mich und meine Ziele für die Gemeinschaft aufgeben muss. Es geht nicht um „entweder-oder“, sondern darum, ein „Sowohl-als-auch“ zu schaffen. Es geht um gemeinsame Lösungen für unterschiedliche Ziele. Es geht um Effektivität und um Gemeinschaft bei gleichzeitigem Respekt der Diversität.

Genau das zu schaffen, ist für mich das Ziel von Female Leadership. Und die Grundlage dafür sind Empathie und Kooperation.

Die Challenge lautet also: „Sowohl-als-auch“. Top die Challenge gilt!

 

Möchtest Du Deine empathische Super Power entfachen? Möchtest Du Co-Creation und Kooperation bewirken? Möchtest Du auch eine „sowohl-als-auch“ Welt schaffen? Möchtest Du auch Diversität UND Gemeinschaft erleben?

Mit der Leadership Coaching Challenge “Female Leadership – Aktiviere Deine Empathie!” möchte ich Dich dazu einladen, Deine empathischen und kooperativen Fähigkeiten zu entfachen.

 

(1) (Rosling, 2020), z.B. S.321

(2) (Karberg, 2011)

(3) (Keysers, 2011), S.31

(4) (Karberg, 2011) und (Keysers, 2011), S.226

(5) (Keysers, 2011), S.62f

(6) (Keysers, 2011), S.48

 

 

Weitere Informationen

Wer schon gleich tiefer einsteigen und die Details des Zirkelformats “Leadership Coaching Challenge” nachvollziehen möchte, sichert sich gleich hier das kostenlose E-Book “Leadership Coaching Challenge – Einführung in das Framework”.

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Quellen

Bildquelle

Bild-Zitat: Canva Pro, StartupStockPhotos von Pixabay

Literatur

Karberg Sascha Geborene Gedankenleser, 2011, www.dasgehirn.info, aufgerufen am 18.01.2022.

Keysers Christian The empathic brain, Social Brain Press, 2011, ISBN 9789081829205.

Rosling Hans Factfulness, Berlin: Ullstein Buchverlage GmbH, 2020, ISBN 9783548060415.

 

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