Führungskräfte wissen häufig nicht, woran sie eine Überforderung oder die Gefahr eines Burnouts bei sich selbst und anderen rechtzeitig erkennen können. Dies ist auch nicht immer ganz eindeutig erkennbar. Denn es gibt viele Symptome, die darauf hinweisen, die aber auch eine ganz andere Bedeutung haben können.
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Wenn man ausgebrannt ist
Erst vor ein paar Wochen hatte ich drei ehemals von Burnout betroffene Teilnehmende in einem Seminar zu diesem Thema. Dies war insofern wertvoll, da diese auch sehr offen mit ihrem Burnout und den damit entstandenen Auswirkungen umgehen. Von deren Ausführungen waren die Teilnehmenden ziemlich beeindruckt, gleichzeitig aber auch sehr betroffen. Keiner ahnte, welch tiefgreifenden Einfluss diese Diagnose tatsächlich für die einzelne Person auf ihr gesamtes privates und berufliches Leben haben kann. Ein Betroffener hat nach seiner Phase des Burnouts – verbunden mit einer Depression – sein Leben radikal verändert und vor allem entschleunigt. Er kaufte sich ein Hofgut und baut sich dort ein neues Leben auf.
Eine andere Teilnehmende fühlt sich schon wieder auf dem Weg zum nächsten Burnout, da die Rahmenbedingungen in ihrem Unternehmen ein gesundes Arbeiten nicht zulassen. Der Geschäftsführung ist das Thema Prävention und Gesundheit auch nicht wichtig. Interessanterweise waren alle Teilnehmenden der Meinung, dass in ihrem Unternehmen noch viel Luft nach oben ist bei diesem Thema.
Ich erinnere mich an den Fall eines Konzern-Personalleiters, der bei seinem ersten Burnout zunächst für ein halbes Jahr krankgeschrieben war. Danach wieder eingestiegen gewann er nach ein paar Monaten die Erkenntnis, dass er sein Leben radikal verändern muss. Er schied aus dem Unternehmen aus und fand eine andere für ihn passendere Position. Ihm war wichtig, zu sich selbst zu finden und für sich und seine Familie das Richtige zu tun. Er hatte zu lange gewartet, gezögert und die ersten Anzeichen einfach ignoriert.
Es ist nichts mehr wie vorher
Wer glaubt, dass es nach einem überstandenen Burnout so weitergehen kann wie vorher, dem erzählen ehemals Betroffene etwas ganz anderes. Es bedarf häufig nicht unerheblicher, manchmal sogar radikaler Veränderungen auf persönlicher und beruflicher Ebene, um sein Leben wieder in stabile Bahnen zu lenken.
Auf der arbeitsbezogenen Ebene ist hier die Unternehmenskultur ein mitentscheidender Faktor. Ist Gesundes Führen im Programm des Unternehmens verankert oder überlässt man es den einzelnen Führungskräften, wie sie psychische Belastungen mit sich und ihrem Team ausmachen? Abgesehen davon, dass ein Unternehmen – und in der Verantwortung sind hier die Führungskräfte – laut Arbeitsschutzgesetz verpflichtet sind, eine psychische Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Danach sind entsprechende Maßnahmen zur Reduzierung der Gefährdungen zu entwickeln und umzusetzen.
Woran erkenne ich Überforderung?
Ich werde immer wieder gefragt, wie bemerke ich als Führungskraft, dass jemand überfordert ist? Und wenn wir dann darüber sprechen, was sie dazu wissen sollten und tun können, kommt auch gleich die nächste Frage? Wo soll ich denn die Zeit hernehmen, mich mit dem einzelnen Mitarbeitenden so intensiv zu beschäftigen? Gerade deshalb ist es wichtig, ein Präventionskonzept zu entwickeln, das die Führungskraft gemeinsam mit ihrem Team umsetzt.
Vielfach fehlen auch entsprechende Kenntnisse über psychische Erkrankungen, Burnout, Überforderung etc.. Dies sind Themen, mit denen sich Führungskräfte eher weniger beschäftigen. Dadurch ergibt sich automatisch eine gewisse Hilflosigkeit oder auch Unsicherheit im Umgang mit eventuell Betroffenen. Auch wissen viele Führungskräfte nicht, was sie ganz konkret tun können, um Überforderung beim Einzelnen und im Team zu identifizieren und zu vermeiden.
Andererseits würde ihnen der Austausch mit anderen Führungskräften gut tun. Dadurch gewinnt man neue Ideen und fixiert sich nicht nur darauf, eine schnelle Lösung zu finden. Denn dies ist im fortgeschrittenen Prozesses Richtung Burnout selten hilfreich. Es ist der Mensch, der wichtig ist. Seine Sorgen, Ängste, Befürchtungen, Gefühle, Emotionen u.a.. Kommunikation auf einer empathischen Ebene ist hier gefragt.
Burnout erkennen und vermeiden
Der Begriff „Burnout“ wurde in den siebziger Jahren erstmals von dem deutsch-amerikanischen Psychologen und Psychoanalytiker Herbert J. Freudenberger (1926 – 1999) benannt. Er war sehr engagiert und hat nach seiner Tätigkeit an der Klinik abends und am Wochenende ehrenamtlich praktiziert. Ihm ist dabei aufgefallen, dass besonders engagierte Menschen mit der Zeit immer erschöpfter und verbitterter wurden. Nicht selten bis hin zur Resignation. Diesen Zusammenbruch hat er in einem sehr anschaulichen Beispiel beschrieben.
„Wer je ein ausgebranntes Gebäude gesehen hat, der weiß, wie verheerend so etwas aussieht. Ein Bauwerk, eben noch von pulsierendem Leben erfüllt, ist nun verwüstet. Wo früher Geschäftstätigkeit herrschte, finden sich jetzt nur noch verkohlte Überreste von Kraft und Leben. Ein paar Ziegel und Zementbrocken mögen stehen geblieben sein, ein paar leere Fensterrahmen. Vielleicht ist sogar die äußere Hülle des Gebäudes noch erhalten. Wer sich jedoch hineinwagt in die Ruine, wird erschüttert vor dem Werk der Vernichtung stehen“. (Herbert Freudenberger)
Endlich wird Burnout ernst genommen. Denn fällt ein Mensch wegen Burnout aus, ist dies meist mit einer längeren Fehlzeit verbunden. Nicht selten mehr als ein halbes Jahr. Wer macht dann dessen Job? Na, die andern, die noch da sind im Team. Worüber die natürlich begeistert sind! Überforderung der anderen Kolleg*innen ist damit vorprogrammiert. Hinzu kommt, dass nach einem überstandenen Burnout dieser Mensch wieder angemessen eingegliedert werden muss. Auch das braucht seine Zeit. Nicht selten macht es sogar Sinn, für diese Person eine neue Position zu finden. Mit der alten Umgebung sind häufig Verhaltensweisen und Anker verbunden, die es dem Menschen nicht leicht machen, ein neues Verhalten zu etablieren.
Woran könnte man nun einen Burnout erkennen?
In der ICD 11 (kommt 2022) wird Burnout nur zur beruflichen Situation definiert, was von viele Ärzten als problematisch betrachten. Denn Burnout kann ebenso durch Überforderung aus privaten Situationen, z.B. Pflege eines Angehörigen, schwierigen Lebenssituationen sowie bei vielen (auch ehrenamtlichen) helfenden Tätigkeiten entstehen.
Bisher finden sich hauptsächlich drei Bereiche, die auf einen Burnout hinweisen können.
Freudenberger-Modell
Freudenberger hat zum Burnout-Prozess ein Modell mit 12 Phasen entwickelt. Dabei sind die einzelnen Phasen mehr oder weniger im außen erkennbar. Im Übrigen erkennt der Betroffene diese eher nicht. Im Nachhinein können sie den Verlauf jedoch sehr gut nachvollziehen.
Wenn Sie Führungskraft sind, schauen Sie genau hin. Was verändert sich bei Ihnen selbst oder bei Ihren Mitarbeitenden? Bei den ersten beiden Stadien kann es hilfreich sein, mit der Person die Aufgaben und den Arbeitsbereich zu überprüfen. Macht die Person Dinge, die gar nicht zu deren Arbeitsinhalt gehören? Kann am Zeitmanagement, der Arbeitsorganisation etwas verbessert werden? Sind es zu hohe Ansprüche, Perfektionismus, persönliche Themen etc. die eine Überforderung auslösen können? Je weiter der Prozess vorangeschritten ist, umso schwieriger gestaltet sich u.U. die Kontaktaufnahme und der Vertrauensaufbau zum Betroffenen. Oftmals ist dann professionelle Unterstützung nötig.
Wie vermeidet man Überforderung und Burnout?
Die psychischen und physischen Folgen von Überforderung und Burnout können vielfältig sein. Von Schlafstörungen über ständige Müdigkeit und körperlichen Beschwerden, Tinnitus … Die Liste könnte jetzt vielfältig weitergeführt werden.
Zunächst einmal ist es wichtig, die eigene Wahrnehmung zu schärfen. Verändert eine Person ihr Verhalten? War sie bisher zuverlässig und ist nun nachlässig, hält keine Termine mehr ein oder vergisst sie sogar? Klagt sie über Schlafstörungen oder sonstige körperlichen Beschwerden? Am besten man beobachtet diesen Menschen über einen bestimmten Zeitraum, um sich ein Bild machen zu können, was tatsächlich anders ist.
In der nächsten Stufe geht es darum, die Person auf einer empathischen Ebene anzusprechen. Es geht NICHT darum, gleich eine Lösung zu finden, sondern erst einmal herauszubekommen, was sich hinter der Verhaltensänderung verbirgt. Vielleicht gibt es eine ganz einfache Erklärung. Das Neugeborene schreit die ganze Nacht und man kommt nicht zum Schlafen. Also nicht vorschnell Vermutungen anstellen!
In Kontakt treten
Vereinbaren Sie mit diesem Menschen einen Gesprächstermin. Bereiten Sie sich unbedingt darauf vor.
- Wer ist die Person? Was hat sie für eine Position? Welche Qualifikation hat sie? Was gibt es Persönliches? Was kann sie besonders gut? Was hat sich verändert? Was haben Sie in letzter Zeit beobachtet? Was macht Ihnen Sorge?
Folgende Fragen können v.a. im Gespräch helfen:
- Was belastet, sorgt Sie im Moment?
- Welche Auswirkungen hat dies auf Sie/Ihre Arbeit/Ihr Privatleben …?
- Was haben Sie schon versucht zu ändern?
- Wie kann ich Ihnen dabei helfen?
- Was tut Ihnen im Moment gut? Was brauchen Sie noch, damit es Ihnen gut geht?
- Was können Sie selbst dafür tun? Wie kann ich oder können andere Sie dabei unterstützen?
Am Schluss auf jeden Fall eine konkrete Vereinbarung treffen. Das kann der Termin für ein nächstes Treffen sein, bei dem darüber gesprochen wird, was zwischenzeitlich geschehen ist.
Um noch zu meiner Eingangsfrage zurückzukehren. Hilft gesunde Führung Überforderung und Burnout zu vermeiden? Ja, es kann helfen, wenn man sich intensiv mit dem Thema und den Lösungsmöglichkeiten auseinandersetzt und Prävention im Unternehmen und Team praktisch angeht.
Unsere LCC Gesund Führen
Dies ist nur ein kurzer Ausschnitt aus unserer LCC Gesund Führen. Das ganze Thema Psychische Gesundheit ist sehr umfangreich. Wenn Sie dies näher interessiert, dann schauen Sie auf unsere Webseite. In unserer 12wöchigen Leadership-Coaching-Challenge lernen Sie in einer kleinen Gruppe, was Sie ganz konkret für eine „Gesunde Führung“ in Ihrem Team tun können.
Hinweise und Quellenangaben:
Bilder: Canva.com
- https://www.who.int/news/item/28-05-2019-burn-out-an-occupational-phenomenon-international-classification-of-diseases
- https://dg-pg.de/information/psychische-gesundheit/burnout/was-ist-burnout/
- https://www.bfarm.de/DE/Kodiersysteme/Klassifikationen/ICD/ICD-11/_node.html
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